Die SuS finden einen Zugang zu der oftmals schwerverständlichen Textform Essay. Die Diskrepanz zwischen scheinbar unbegrenzter Offenheit und logischer Strenge soll in diesem Baustein dialektisch gefasst werden. Der Akzeptanz, dass SuS sich in ihrer Freizeit meist selten mit gewitzt komponierten Fließtexten beschäftigen, soll damit Rechnung getragen werden, dass eine Neudefinierung eines bekannten Begriffs in den Gegenstand eingeführt wird. Die Tatsache, dass es sich bei einem bürgerlichen Sonntags-Spaziergang nicht um ein freies Toben, sondern vielmehr um eine bürgerliche Formstrenge geht, kann - positiv gewendet - auf den Essay übertragen werden. Dieser ist zwar frei, jedoch nach einem vorgezeichneten Freiheitsbegriff verstanden, der auf einen logisch-ästhetischen Anspruch gründet. Der produktorientierte Schwerpunkt soll einen geplanten Spaziergang erfahrbar und duch die Tonaufnahme abbildbar machen. Inhaltliches Ziel ist das Verständnis, dass es nicht um die direkte Abbildung von Eindrücken (wie bei freieren Textformen) geht, sondern um deren strukturiert vermittelte Darstellung.

Die theoretische Bezugnahme sowie die sich anschließende praktische Ausführung zielen auf ein ganzheitliches Verständnis des Gegenstandes. Sich einem als solcher definierten Textsorte anzunähern und somit vorwissenschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden, bedarf der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen und/ oder fachlichen Konventionen bzw. Übereinkünften. Eine gattungsspezifisch exponierte freie Textsorte zeichnet sich nicht allein durch deren Freiheit aus, da sie sich wierum von anderen Textsorten eines anderen Freiheitsbegriffs- bzw. -grads abgrenzen lässt.

SuS wenden durch die Herausarbeitung der Kriterien eine Methode zur Texterschließung an. Die SuS reflektieren über Sprache im Sinne deren formaler Gestaltung. Dass die Abbildung von eigenen Vostellungen für die Vermittlung einer Aufbereitung bedarf, kann somit ebenso thematisiert werden wie die allgemeine Notwendigkeit sprachlicher Korrektheit bzw. Präzision. Sowohl der erste theoretische als auch der zweite praktische Teil des Bausteins dienen der Organisation des abschließenden Schreibprozesses.

Das Verständnis dieses Bausteins ist im ersten theoretischen Teil durch eine intensive Sicherung des Textverständnisses gewährleistet. Der produktive Teil ist ebenso wie der Schreibauftrag in sich differenziert, da die Produkte auf dem jeweiligen Niveau der SuS gestaltet werden. Die Würdigung sollte formale Kriterien in jedem Fall übersteigen. Mit dem Hinweis auf die steigende Bedeutung des Video- und Audio-Journalismus kann ein ansprechener Hörbeitrag gegenüber guten schriftlichen Leistungen herausgestellt werden.

Die SuS sollten im Vorfeld bereits mit Audacity gearbeitet haben. Ansonsten könnte der Baustein insofern geändert werden, dass die SuS über ein einfaches Aufnahme-Tool ihrer Smartphones ihren Gedankenspaziergang aufnehmen und diesen im Nachhinein im Sinne eines Schreibplans strukturieren. Somit würde die Arbeit mit Audacity und das Zusammenschneiden zweier Beiträge sowie deren dramaturgischer Anordnung wegfallen.